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3 Zwölf Fratzen an den Wänden

Aktualisiert: 8. Mai 2023

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„Kommen Sie, hier gehts zur Galerie.“

„Woher kennen Sie sich hier so gut aus, Barres?“

„Als leidenschaftlicher Kunstliebhaber kenne ich die meisten Galerien in der Stadt.“

Ich hebe die rechte Augenbraue.

„Aha, und was ist Ihre liebste?“

„Die, na die... Löbrichts... berger Kunsthalle.“

„Löbrichtsdorfer Atelier, ‚Das‘.“

Barres verzieht sein Gesicht.

„Hm, genau das.“

„Also?“

„Also was?“

„Sie können nicht wirklich von mir erwarten, dass ich Ihnen das jetzt abkaufe.“

Ich muss kichern.

„Es war Wai, okay? Ich war mit Wai hier. Er sagt dauernd wir müssen uns diese Ausstellungen anschauen, damit wir uns weiterbilden. Aber ich schaffe es kaum durch den ersten Raum, dann bin ich schon fertig, ich kann diesem zeitgenössischen Geschmiere nichts ab. Keine Ahnung wie man aus einem blauen Strich einen Kriegselefanten machen kann, aber es trägt den Namen ‚Mit Hannibal über die Alpen‘.“

„Ich hatte ja keine Ahnung, dass Ihr Freund so ein Kunstliebhaber ist.“

Barres fuchtelt wild dem Finger herum.

„Ist er ja auch nicht, er kennt sich genauso wenig aus wie ich. Aber wenn ich sage ‚Wai, das ist einfach nur ein blauer Kreis auf gelbem Hintergrund‘ dann gehts auch schon los, ‚Du lässt dich auf nichts ein, schau nicht nur mit den Augen, du würdest die Blaue Blume nicht erkennen, wenn sie in Beeten vor unseren Fenstern wachsen würde.‘“

Ich muss lachen, während Barres seinen Freund imitiert.

„Und würden Sie sie erkennen?“

Sean verzieht sein Gesicht und wippt mit seinem Kopf.

„Wahrscheinlich... nicht. Aber sie könnte dort ohnehin nicht wachsen, ich meine wir leben in einem Raumhaufen, die Pflanze gibts nicht, der dieses Klima gefällt. So Blau kann keine Blume sein.“

Ich schüttle weiterhin grinsend den Kopf.

„Barres, Sie Held.“

Wir biegen um eine Ecke und finden uns tatsächlich vor der Liliac Kohling Galerie wieder.

„Tada, keine Ahnung wie oft wir hier schon waren, aber auf jeden Fall zu oft.“

„Dann überlassen Sie mir mal den Vortritt, ich bin zwar ein Banause, aber zumindest der Blauen Blume nicht abgeneigt.“

Kichere ich weiter, während mir Barres einen müden Blick zuwirft.

Die Galerie ist offensichtlich geschlossen, weitere Hinweise sind nicht ausgehängt, aber ein kleines Fenster lässt uns in das Zimmer des Portiers blicken, der mit geschlossenen Augen in seinem Stuhl hängt. Ich klopfe gegen die Scheibe und der Mann fährt erschrocken hoch. Er blickt zu uns heraus und ich halte meinen Ausweis gegen das Glas. Wir warten kurz, dann wird uns auch schon die Tür zur Galerie geöffnet.

„Sie sind die beiden Ermittler von der Ordnungswache?“

„Genau, Herr Kohling hat uns schon angekündigt, wie ich merke.“

„Ganz richtig, dann sehen Sie sich gerne um. Die Tür muss ich hinter uns wieder abschließen, damit sonst niemand rein kann, wenn Sie fertig sind oder Sie sonst irgendetwas brauchen, dann klopfen Sie einfach an meine Tür da drüben.“

Der Portier zeigt auf eine getrübte Schiebetür aus Glas.

„Das machen wir, Dankeschön.“

„Dann erzählen Sie mir mal was über die Künstlerin Herr Barres.“

Wir treten an ein Bild mit einer ovalen Form heran.

„Offensichtlich eine grüne Mandarine mit Sonnenstich, die eine schwere Kindheit hatte und sich nach einer Nektarine verzehrt.“

„Sie könnten schon anfangen, als Guide hier.“

Wir wandern langsam die einzelnen Bilder ab, ehe wir zu einem Durchgang kommen, der uns zu den neueren Werken von Sarah führt.

„Gibts hier kein Licht mehr? Okay.“

„Warten Sie, dort ist ein Schalter.“

Ich trete an einen orange leuchtenden Lichtschalter heran, der sich vermutlich in der Mitte des Raumes auf einem Podest befindet, drücke ihn und mit einem Mal werden sämtliche Werke um mich herum von Bodenstrahlern beleuchtet. Zwölf Fratzen durchbohren mich mit ihren Blicken, ich zucke etwas zusammen.

„Da hat man sich ja echt mal was einfallen lassen für diese Abscheulichkeiten. Der Raum ist neu, auf jeden Fall, das hätte sogar ich mir gemerkt. Da jagt es einem ja eiskalt den Rücken hinunter.“

„Das sind also ihre Alpträume.“

Sean zuckt merklich mit dem Kopf nach hinten in den Nacken.

„Da stellen sich mir ja die Haare auf.“

„Können Sie herüberkommen und den Knopf für mich gedrückt halten, ich muss mir ein Bild von dem Raum machen.“

Schnell fertige ich einige Skizzen an.

„Wir sollten uns in ihren Gemächern umsehen, das Ganze kommt mir spanisch vor. Es sieht so gar nicht nach Mord aus.“

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