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8 Die Antwort aus der Flamme

Aktualisiert: 10. Mai 2023

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„Diese Fratzen, es wahr wohl eine weise Entscheidung, dass Sie zu mir gekommen sind Herr Kant.“

Die Audiatorin blättert durch mein Skizzenbuch.

„Ich habe so etwas schon einmal gesehen, es deutet für mich, auch in Verbindung mit dem von Ihnen beschriebenen Verhalten der Toten, ganz deutlich auf eine Art von Besessenheit hin.“

„Dann könnte es also sein?“

Leya Kor senkt ihren Blick.

„Wir hatten schon ewig keinen Fall mehr, aber eine Beschwörung ist auch keine Raketenwissenschaft und Bücher wie das Ars Goetia wollen es dem ein oder anderen durchaus schmackhaft machen. Wenngleich es eigentlich nicht möglich sein sollte...“

Sie deutet auf eines meiner Bilder mit Skizzen der Fratzen in Sarahs Zimmer, während sie die Stirn runzelt.

„Gestatten Sie?“

Ich nicke sofort.

„Bitte Frau Professor, Sie würden mir damit einen außerordentlichen Gefallen tun.“

Sie nimmt das Blatt aus meinem Notizbuch und hält es vor sich hin.

„Das letzte Mal ist schon eine ganze Weile her. Lassen Sie uns ins Sanktum gehen.“

Wir durchqueren den Hof der Akademie und treten über ein breites Portal ins Innere eines großen runden Saals. Wunderbar gepflastert und nur mit Bänken, Laternen und einer großen steinernen Schale im Zentrum ausgestattet, zu der wir nun herantreten.

Die Audiatorin berührt eine gravierte Fläche am Rand der Schale und mit einem Mal öffnet sich ein kleines Loch in der Mitte und eine dezente Spange wird auf einem Stab herausgefahren. Sie klemmt meine Zeichnung hinein und deutet mir an einen Schritt zurückzutreten.

„Ure!“

Ein heller Schein wird, ihrem Wort folgend, durch den Saal geworfen, während meine Zeichnung in Flammen aufgeht.

Große Schatten huschen über die glatten Wände und zeigen sich wandelnde Strukturen und Figuren einen stummen Reigen tanzend. Die Audiatorin blickt wie in Trance in die Flamme, bis sie schließlich den letzten Rest meiner Zeichnung verzehrt hat und erlischt.

„Was konnten Sie sehen?“

Leya Kor bleibt regungslos stehen.

„Etwas äußerst Finsteres hat sich seinen Weg in unsere Mitte gebahnt, Herr Kant. Ich fürchte Ihre schlimmste Vermutung hat sich bewahrheitet...“

Sie dreht sich zu mir.

„Ein Dämon scheint ihrer habhaft geworden zu sein.“

Genau das habe ich vermutet, es jedoch laut ausgesprochen zu hören, bestätigt, das beängstigt mich.

„Ist er damit beseitigt, jetzt wo sie tot ist?“

„Ich fürchte nein, Herr Kant. Er wird sich wohl einen neuen Wirt suchen, bis auch der unter der ungeheuren Last der Besessenheit nachgibt. Und so wird es dann immer weitergehen, während er selbst zunehmend an Macht gewinnt.“

„Und wie können wir ihn finden und unschädlich machen?“

„Die Dämonologie ist eine sehr alte Lehre, die wohl in benötigter Tiefe keiner hier an der Fakultät mehr ausreichend beherrscht, seit die neun Kreise von unserer Welt gelöst wurden. Sie müssten allerdings mit jemanden sprechen, der Ihnen mehr über das Aufspüren, Austreiben und Bannen von diesen teuflischen Kreaturen erzählen kann. Ansonsten sehe ich keine Möglichkeit, wie Sie gegen ihn vorgehen könnten. Sie würden nur weiter der Spur seiner Verwüstung hinterherjagen und immer auch Gefahr laufen selbst zum Opfer zu werden.“

„Ich bräuchte also einen Lehrer. Wo kann ich einen finden?“

„Es ist nicht so, als würden Exorzisten an jeder Straßenecke zu finden sein, insbesondere nicht die, die ihr Handwerk wirklich verstehen. Es kommt mir nur einer in den Sinn, allerdings gibt es da eine kleine Hürde zu überwinden...“

„Alles, wenn das der einzige Weg ist. Was ist die Hürde?“

Leya Kor blickt mich mit steinerner Miene an.

„Er ist tot.“

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