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“Sir! Sir! Bitte folgen Sie uns!”
Ich öffne die Tür unseres Abteils nur einen Handbreit, gerade genug um verfolgen zu können was im Gang vor sich geht.
”Was sehen Sie Herr Kant?”
”Es ist der Melranier…”
”Der von vorhin in Selene?”
Ich nicke Barres nur knapp zu, während ich versuche noch mehr herauszufinden.
”Die werden sich schon um ihn kümmern, der ist wahrscheinlich illegal an Bord gekommen. Die terranischen Behörden sind da streng, da gibts keine Ausnahmen.”
Erklärt die Audiatorin.
Der Mann wird vom Sicherheitspersonal hinter eine Tür gezogen, die sich hinter ihm zurück in den Rahmen presst.
”Das wars.”
Ich schließe unsere Abteilungstür wieder.
”Irgendetwas fühlt sich komisch an…”
”Fühlen Sie ein Echo, Herr Kant? Brauchen Sie etwas zum Trinken?”
”Nein, nein, mir geht es gut, bitte. Ich habe nur ein ganz seltsames Gefühl in mir, dass mir sagt, dass hier etwas nicht stimmt.”
Die Professorin runzelt die Stirn und blickt mich mit großen Augen an.
”Sie haben vor allem eines in sich und zwar einen Dämon. An Ihrer Stelle würde ich angesichts dieser doch eher besonderen Umstände, nicht jedem Gefühl nachgeben. Sie wissen nicht wer es steuert.”
Da könnte was dran sein.
”Glauben Sie, dass er meine Gefühle steuern kann?”
”Immerhin hat er bereits mehr als eine Person grausam in den Tod getrieben. Wenn es einfach wäre die Besessenheit zu erkennen, wären die Dinger wohl kaum eine der größten Geiseln seit Menschengedenken.”
”Ja, das hört sich schlüssig an. Sie haben bestimmt Recht, Frau Professor.”
Die Audiatorin wendet sich an Sean.
”Bitte achten Sie aufmerksam auf unseren Freund, nicht, dass er sich verselbstständigt.”
Als wäre ich krank. Aber irgendwie stimmt es wohl. Ich bin es nicht gewohnt…
Dass sich jemand um mich kümmert und sich Sorgen macht.
Wie lange ist das her?
Ich habe vergessen, wie gut sich das anfühlt.
Ich blicke in die sorgenden Gesichter von Leya Kor und Sean Barres. Die beiden fühlen sich so nahe an und es scheint mein mulmiges Gefühl gleich einer aufgehenden Sonne zu überstrahlen.
“So wie es aussieht müssen wir in Neu-Kairo erst einmal warten… da steht alles bis ‘Sonnenaufgang’ was für eine akkurate Zeitangabe, großartig…”
Die Audiatorin nickt.
“Terra ist die Wiege der Menschheit und trägt soviel eigenartige, oftmals wunderschöne und mühsame Kultur zugleich in ihrem Jahrtausende alten Schoß. Viele der alten Religionen der Ureinwohner von Terra verknüpfen ihre Riten und Gebräuche mit der Sonne, so auch die Menschen hier. Heute ist der sechste Tag der Woche für die Leute in Neu-Kairo und an diesem Tag ruhen sie bis die Sonne wieder aufgeht.”
Sie drückt auf eine Taste neben dem Fenster die die Blende öffnet und den Blick nach draußen freigibt. Wir durchbrechen die Atmosphäre und beobachten wie es um uns immer dunkler wird.
“Das ist unglaublich…”
Barres bleibt der Mund offen stehen.
“Barres, waren Sie noch nie auf einem Planeten?”
Sean schüttelt den Kopf.
“Ich habe mein ganzes bisheriges Leben in Falano verbracht… wie können die Menschen hier arbeiten, wenn sie nichts sehen können?”
“In der Nacht arbeiten die Menschen auf Terra nicht. Dafür gibt es den natürlichen Tagesrhythmus.”
Erklärt die Audiatorin. So genau habe ich mir das selbst auch noch nie überlegt.
“Aber ist das nicht wahnsinnig ineffizient? Was wenn jemand ins Hospital muss? Notfälle könne ja wohl schlecht warten…”
Die Professorin nickt.
“Dafür gibt es Schichtsysteme, die werden aber nur für besondere Betriebsformen unter meist strengen Auflagen zugelassen. Meistens müssen die Leute dann um einiges besser bezahlt werden zum Beispiel.”
“Das ist irre.”
“Das ist die Erde.”
Wir blicken weiterhin aus dem Fenster und nähern uns einem Lichtkegel der den Nachthimmel in ein oranges Licht taucht. Dann werden wir gebeten die Sicherheitsgurte anzulegen.
“Willkommen in Neu-Kairo, Hauptstadt von Ägypten und der Ostsahara, wir landen in Kürze.”