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23 Wunden lecken

Aktualisiert: 10. Mai 2023

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„Herr Kant, Sie sind in den besten Händen, das versichere ich Ihnen.“

Leya Kor ist neben mir und begleitet mich in meinem Krankenbett auf dem Weg zum Behandlungsraum in der Walaux Universitätsklinik, die direkt an die Akademie anschließt.

„Haben Sie sie gesehen?“

„Wen meinen Sie?“

„Emilia Schönfels, sie war am Bahnhof, ich habe sie am Eingang gesehen, kurz nachdem der Dämon auf mich geschossen hat.“

„Das ist unmöglich Herr Kant, die Ordnungswache ist erst viel später am Bahnhof eingetroffen, es ist fast skandalös wie lange das gedauert hat, immerhin wurde auf Sie geschossen.“

Erläutert mir Barres, den ich nun auch deutlich neben mir wahrnehme, während wir weiter durch die Korridore der Klinik eilen.

„Woher kamen die bewaffneten Sicherheitsangestellten? Sie waren so schnell vor Ort.“

„Ich mutmaße, dass es an den zahlreichen Sicherheitskameras lag, da wird ja alles genau überwacht in diesen öffentlichen Einrichtungen, Herr Kohling war auch gleich da und hat persönlich seine Hand über uns gehalten.“

Ich blinzle etwas erschöpft, es scheint mir doch einiges entgangen zu sein.

„Kohling war da?“

„Ja, er hat dafür gesorgt, dass der gesamte Bahnhof abgeriegelt wird und hat die Anarchisten verscheucht, die sich vor dem Bahnhofsgebäude formiert haben. Das war in der Tat besonders sonderbar, als hätten sie gewusst, dass dort etwas passieren wird.“

„Was?“

Ich verstehe gar nichts mehr. Woher kamen jetzt die Anarchisten? Wir haben doch nur einen Dämon verfolgt und keine politische Hexenjagd veranstaltet.

„Das können wir Ihnen auch anschließend erklären, fürs Erste muss Ihr Bein behandelt werden, die Verletzung sieht übel aus.“

Erklärt mir die Audiatorin.

Wir erreichen eine Gabelung und biegen in einen anderen Korridor ab, der uns gleich darauf in ein Behandlungszimmer abzweigen lässt. Mir werden sofort Zugänge gelegt und Infusionen, wohl etwaige Schmerzmittel, verabreicht. Dann versammelt sich ein kleines Team von Personen in weißen Kitteln um mein Bein und beginnt daran herumzuarbeiten.

Kurze Zeit später ist die Operation wohl schon wieder vorbei und Barres kommt zu mir ins Zimmer.

„Sie haben recht.“

Ich runzle die Stirn, während Sean fortfährt.

„Emilia, sie war tatsächlich dort, ich habe während Ihrer OP das Videomaterial gesichtet, Kohling hat es uns sofort vorbeigeschickt. Sie war am Eingang, genau wie Sie gesagt haben.“

Ich fahre mir mit der Hand durch die Haare.

„Was hat das zu bedeuten? Das kann kein Zufall gewesen sein.“

Barres zuckt mit den Schultern.

„Zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir nur, dass sie definitiv dort war und das vor den Kollegen. Ich werde überprüfen, was es mit Ihrer Anwesenheit auf sich hatte. Sie sollten sich einstweilen etwas erholen Naldor.“

„Als könnte ich das.“

„Versuchen Sie es.“

Barres blickt sich inspizierend in dem Behandlungsraum um.

„Die Ärzte sind weg, soll ich die Professorin hereinlassen?“

„Bitte.“

„Gut, dann sehen wir uns später.“

Sean wendet sich zum Gehen, während ich noch seinen Ärmel zu Fassen bekomme.

Barres blickt mich an und ich kneife nur die Augen zusammen.

„Nichts zu danken, Naldor, wir schaffen das schon.“

Damit verlässt er das Zimmer und nur wenige Augenblicke später tritt die Audiatorin zu mir ans Bett heran.

„Wie geht es Ihnen, Herr Kant?“

„Es ging mir wohl schon besser, aber wir haben keine Zeit, um unsere Wunden zu lecken. Die Spur ist noch frisch, wir müssen sofort die Verfolgung aufnehmen.“

Ich möchte mich aufsetzen, aber ich habe keine Kraft dazu.

„Beruhigen Sie sich. Der Dämon ist verschwunden als er das Mädchen auf die Gleise treten ließ und wird wohl mittlerweile schon wieder einen neuen Wirt gefunden haben. Egal was wir jetzt machen, wir müssen von vorne beginnen.“

„Wie konnte uns das nur misslingen?“

Leya Kor hebt die Augenbrauen und atmet in einem langsamen langen Zug aus.

„Ach, Herr Kant, es hätte mich weitaus mehr gewundert, wenn es auch erfreulich gewesen wäre, hätten wir es beim ersten Versuch geschafft. Und lassen Sie uns nicht vergessen, dass wir einen klaren Erfolg zu verzeichnen haben.“

Ich runzle die Stirn.

„Merakors Worte waren fruchtbar und wir haben den Namen des Dämons erhalten. Wir werden also in der Bibliothek nach ihm suchen, sein Verhalten analysieren, ihn aufspüren und anschließend austreiben.“

„Glauben Sie, dass uns das gelingen kann?“

Die Schmerzmittel rauben mir etwas die Zurechnungsfähigkeit und ich habe kaum noch Kontrolle über meine gesagten Worte. Die Audiatorin nickt mir aber aufmunternd zu.

„Daran glaube ich ganz fest. Für Falano.“

„Für Falano.“

Meine Augenlieder werden ganz schwer.

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