top of page

14 Zorniger Kartellpalast

Aktualisiert: 10. Mai 2023

| | [14] | |


„Und wen genau soll ich diesmal ablenken?“

Ich fahre aus meinen Gedanken hoch.

„Hm?“

„Im Kartellpalast, ich nehme an Sie haben wieder einen bestimmten Raum im Visier den Sie auskundschaften wollen. Etwa auch wieder die Ratskammer?“

Ein Gähnen kommt über meine Lippen und ich massiere kurz mein Nasenbein. Diese Schlaflosigkeit treibt mich bald an meine Grenzen.

„Nein, nein, ganz und gar nicht. Ich habe keine Energie mehr dafür, wir wollen nur diese Frau Stoica befragen. Das ist alles.“

„Das ist alles?“

„Es würde mich interessieren, ob die Galari genauso über die Aradan denken, wie die Aradan über sie.“

„Und da genügt Ihnen die Meinung einer Kartellfürstin? Dieses mal wollen Sie nicht gleich mit dem Oberhaupt sprechen?“

„Die Galari ticken anders, als die Aradan. Es gibt keine Notwendigkeit den Kartellpräsidenten hinzuzuziehen, es sei denn wir wollen, dass der Konflikt zwischen den Häusern komplett eskaliert. Er würde sich vermutlich etwas weniger gediegen ausdrücken als Thorsson und der wiederum ist schnell beleidigt.“

„Die Gefahr laufen wir mit Stoica nicht? Dass sie Thorsson beleidigt meine ich?“

„Och, das wird sie ohne jeden Zweifel tun, ganz bestimmt sogar. Die Meinung einer einfachen Fürstin ist für die Aradan nur völlig unerheblich, daran nehmen sie keinen Anstoß, insbesondere nicht Thorsson. Deshalb sollte alles in Ordnung sein, solange wir nicht mit dem Präsidenten sprechen müssen.“

„Oft frage ich mich wie Sie nur all diese verworrenen Feinheiten in ihrem Hirn verarbeiten können, ohne ständig auf Anschlag zu fahren.“

„Das ist weitaus weniger kompliziert, wenn Sie selbst einem Haus angehören, glauben Sie mir.“

„Ich hoffe, dass es nie soweit kommen wird.“

„Ich hoffe mit Ihnen.“

Unser Flugtaxi erreicht schließlich den Verwaltungsbezirk der Galari und wir nähern uns dem monumentalen Kartellpalast, wie er sich über großzügige weite Säulenhallen über ein gewaltiges Areal erstreckt.

„Was ist dort unten los?“

Barres deutet aus dem Fenster zum Hauptportal der Anlage unter uns.

„Ein aufgebrachter Mob?“

„Sieht ganz danach aus.“

Ich runzle die Stirn.

„Womöglich eine Gruppe von Anarchisten, die sollen ja auch schon vor dem Triumviratspalast demonstriert haben.“

„Ja, davon habe ich auch schon gelesen, Herr Kant. Aber Gewaltlosigkeit scheint ja keine ihrer Tugenden zu sein.“

„Anarchisten mit Tugenden, ich bitte Sie.“

„Sie kämpfen doch für mehr Demokratie dachte ich, das wäre doch mal ein ganz vernünftiger Ansatz.“

„Würden wir einen Beliebigen aus der Menge herausgreifen und befragen, er wüsste nicht für was er dort auf der Straße steht. Diese Leute versammeln sich nur um des Aufstandes Willen.“

„Glauben Sie? Wofür sie sich einsetzen, kann ich durchaus nachvollziehen und ich bin keiner von ihnen.“

„Sie können sich ja gerne mit ihnen unterhalten, während ich Stoica ausfindig mache.“

Grinse ich Sean von der Seite her an.

„Das werde ich natürlich nicht.“

Wir landen und werden sofort von einem Angestellten der Galari in Empfang genommen, der uns direkt zu Fürstin Stoicas Kammer führt. Wir bedanken uns und treten ein.

„Entschuldigen Sie die Störung. Frau Stoica?“

Eine Dame hinter einem massiven Schreibtisch blickt von einer Mappe auf und wirft uns einen irritierten Blick zu.

„Ja, bitte?“

„Das ist mein Kollege Herr Barres.“

„Und Herr Kant.“

„Wir kommen von der Ordnungswache, es geht um ihren Gatten Tilman Gandradi.“

Die Dame in mittleren Jahren setzt ihre Lesebrille ab.

„Was ist mit ihm? Es ist ihm doch wohl nichts zugestoßen?“

„Wir befürchten doch. Ihr Ehemann wurde in einer Deckades Arena aufgefunden. Leider leblos.“

Die Frau legt ihren Füller zur Seite, steht auf und dreht sich zu dem großen Fenster hinter sich um.

„Wie ist es passiert?“

„Das wissen wir nicht genau. Er soll einfach umgefallen sein.“

„Dieser Idiot!“

„Bitte?“

Sean hebt verwundert die Augenbrauen.

„Und dabei habe ich ihn extra noch gewarnt. Sich mit diesen falschen Aradan zu verbrüdern. Idiotisch! Sie wussten ganz genau, dass er mir der Liebste war. Sie haben ihn mir genommen und dafür werde ich auch ihnen etwas nehmen.“

„Davon würden wir Ihnen aber tunlichst abraten. Zudem wir ja noch nicht einmal wissen, ob es tatsächlich jemand aus dem Haus Aradan gewesen ist. Im Moment stehen die Zeichen eher auf Sekundentod oder möglicherweise gar Selbstmord. Es lassen sich noch keine Indizien auf einen Verdächtigen feststellen, Ihr Gatte schien nur Freunde gehabt zu haben. Haben Sie denn irgendeinen konkreten Verdacht, wer Interesse gehabt haben könnte, dass Ihr Mann das zeitliche segnet?“

Ein Schluchzen hallt verloren durch den Raum, der mit einem Mal noch viel größer wirkt.

„Nein, er hatte keine Feinde. Er war wohl der gütigste und liebevollste Mann, den ich je kennenlernen durfte. Ich hatte zwar nie etwas übrig für seine Spielerei, aber das Strahlen in seinen Augen zu sehen, wenn ich ihm eine gewünschte Karte beschaffen konnte“, sie hält kurz inne, „Das ließ mich alle Sorgen der Welt vergessen. Als würde die Sonne über dem Raumhafen aufgehen.“

„Also glauben Sie nicht an einen Selbstmord?“

„Wo denken Sie hin, auf keinen Fall! Es kann sich nur um die grässliche Tat eines kranken Aradan handeln, dem meine Geschäfte gegen den Strich gehen. Aber die werden sich ansehen, wenn ich herausfinde, wer dafür verantwortlich ist.“

„Das wäre dann ja wohl eher unser Part.“

„Natürlich“, sie dreht sich wieder zu uns, „brauchen Sie sonst noch etwas von mir? Ich bräuchte nämlich einen Moment für mich, wenn Sie gestatten.“

„Wir müssten uns in seinen Gemächern umsehen, ist das in Ihrem privaten Domizil?“

Die Dame nickt.

„Selbstverständlich, man wird Sie hineinlassen.“

„Danke Frau Stoica, noch einmal unser aufrichtigstes Beileid, für Ihren Verlust.“

„Danke.“

Damit verlassen wir ihre Kammer.

„War Gandradi ihr einziger Ehemann? Das hörte sich ja nach der ganz großen Liebe für mich an.“

Ich schlage es in meinem Smartphone nach.

„Sie hat noch drei andere am Start, also vergießen Sie nicht zu viele Tränen an sie.“

„Wie geht das eigentlich? Ich kann einen ja schon fast nicht händeln.“

„Wahre Liebe soll ja angeblich keine Grenzen kennen. Und sofern das auch auf das Kontoguthaben zutrifft, wird vieles möglich.“

„Wie war das nochmal mit Ihrer Romantik, Herr Kant?“

Ich zucke nur mit den Schultern.

„Seit wann sprechen wir von mir?“

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page